Gemeinsam: Hadi Alknaan aus Syrien hat selbst Hilfe erfahren und hilft jetzt anderen Flüchtlingskindern beim Lernen.Foto: Michaela Gabriel
Achern Miteinander vermittelt Unterstützer / Peter-Neef-Stiftung finanziert das Angebot
Bericht aus Acher Bühler Bote vom 17.3.2022
Achern. Konzentriert stecken drei Kinder die Köpfe in ihre Bücher. Sie lesen oder rechnen mit zwei großen Helfern an ihrer Seite. „Es macht mir Spaß, den Kindern zu helfen“, sagt der 19-jährige Hadi Alknaan aus Syrien. Er selbst steht kurz vor seinem Schulabschluss an den Beruflichen Schulen Achern. Einmal pro Woche unterstützt er im Sozialraum der Gemeinschaftsunterkunft in der Hornisgrindestraße zwei Achtjährige und ein zehnjähriges Flüchtlingskind.
Wir haben uns damals auch gefreut, wenn jemand zu uns kam.
Diyar Baki Schüler
Genau wie sein Klassenkamerad Diyar Baki. Er ist ebenfalls 19 Jahre alt und kam vor sechs Jahren aus Syrien nach Achern. „Wir haben uns damals auch gefreut, wenn jemand zu uns kam, um die Sprache zu lernen“, erinnert er sich. Wie die Grundschüler, denen er heute beim Lernen hilft, sei er auch gewesen.
Mehrere ältere Schüler, auch von der Heimschule Lender in Sasbach und vom Gymnasium Achern hat der Verein Achern Miteinander gewonnen, um Flüchtlingskinder zu unterstützen. Er kann ihnen dank einer Zuwendung in Höhe von 3.600 Euro von der Peter-Neef-Stiftung sogar eine kleine finanzielle Anerkennung für ihren Einsatz bezahlen. Vereinsvorsitzende Monika Huber ist froh, diesen Anreiz bieten zu können. Sie weiß, dass jedes Flüchtlingskind Hilfe beim Lernen bräuchte und es gar nicht genug ehrenamtliche Helfer dafür geben könne. Die logistische Meisterleistung, Helfer und Kinder zusammenzubringen, vollbringt bei Achern Miteinander seit Jahren der pensionierte Lehrer Bernd Kösters aus Sasbach. „Der Bedarf ist immer da“, bestätigt er. Er selbst helfe einem jungen Mann aus Gambia einmal pro Woche in Mathematik und begleitet eine Familie aus dem Irak. Deren Kinder hätten in den Zeiten mit Homeschooling keine Fortschritte machen können. Ihre Eltern konnten ihnen mit den Aufgaben nicht helfen: „Corona hat da einiges angerichtet.“
Inzwischen seien wieder Treffen von Hausaufgaben-Helfern und Flüchtlingskindern in den Sozialräumen der Gemeinschaftsunterkünfte möglich. 18 Helfer kümmerten sich derzeit um 30 Kinder. Die Jugendlichen unter den Ehrenamtlichen verliere er aber meist, wenn sie ihren Abschluss gemacht haben. Deshalb bemühe er sich, ständig neue zu gewinnen.
Kinder zu finden, die Hilfe beim Lesen und Rechnen brauchen, ist für Bernd Kösters leicht. Er werde von den Sozialarbeitern des Ortenaukreises angesprochen und bekomme Hinweise von der Gemeinschaftsschule Achern. Die Lehrerin der Vorbereitungsklassen, Timea Horvath, sorge für passendes Übungsmaterial. Die allermeisten Flüchtlingskinder bräuchten keine pädagogische Fachkraft. Es komme für sie darauf an, Deutsch zu üben. Hadi Alknaan und Diyar Baki gelingt das auch beim Kartenspielen mit den Kindern: „So lernen sie die Zahlen und Farben.“ Manchmal kämen auch weitere Kinder dazu, um zu spielen oder etwas zu fragen.
Im Idealfall entwickle sich über die wöchentliche Hilfe beim Lernen eine Beziehung, von der die zugewanderten Familien längere Zeit profitieren, so Monika Huber. Die Rentner unter den Helfern hätten ihre Schützlinge auch schon in den Zoo mitgenommen und so ihren Horizont erweitert. Die Begleitung einer Familie zu übernehmen, sei dagegen umfangreicher. Wer neu in Deutschland sei, brauche Hilfe bei Behördengängen oder beim Lesen und Verstehen von Briefen in deutscher Sprache. Achern Miteinander hat nicht genug Ehrenamtliche, um jetzt neu ankommende Familien aus der Ukraine persönlich zu begleiten. Diese können aber von Anfang an die materiellen Hilfen des Vereins in Anspruch nehmen: die Fahrradwerkstatt und den Geschirrladen in der Kronengasse und bald auch wieder einen Laden für gebrauchte und gut erhaltende Kleidung.